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Alexander Schleicher | AS 35 und Elektro-Eigenstarter

Wird es jemals einen FES Antrieb in einem Schleicher-Flieger geben? Was ist Schleichers Antwort auf die JS5 und wann kommt ein neuer Doppelsitzer? Wir haben nachgefragt.
Alexander Schleicher | AS 35 und Elektro-Eigenstarter

Im zweiten Teil in unserer Serie über Segelflugzeughersteller treffen wir Patrick Wenzeck von Alexander Schleicher. Patrick, selbst ein passionierter Segelflieger, erklärt uns Schleichers Idee vom elektrischen Antriebskonzept, gibt uns Einblicke über die neue AS 35 Mi uns schaut mit uns zusammen in die Zukunft. Wir treffen ihn in seinem Büro in Poppenhausen.

Hallo Patrick, du bist ein relativ neues Gesicht bei Schleicher. Erzähl uns ein bisschen was über dich.

Ich bin jetzt etwa drei Jahre dabei und für Marketing und Sales zuständig. Ich entlaste Uli Kremer bei der täglichen Kundenbetreuung und entwickle Marketingkonzepte für die Firma. Bevor ich zu Schleicher gekommen bin, war ich 5 Jahre im Design- und Marketingbereich der Automobilindustrie tätig.

Eine schwere Entscheidung, von einer riesigen Branche in eine Nische zu wechseln?

Das Gegenteil! Die Chance meine beiden Leidenschaften, die Fliegerei und das Marketing, im Beruf zu vereinen schien einmalig und ich bereue es keine Sekunde.

Stöbert man auf eurer Webseite, bist du nicht das einzige Junge Gesicht bei Schleicher.

Wir sind in der glücklichen Situation ein sehr junges motiviertes Konstruktionsteam zu haben, die etwas bewegen wollen im Segelflug. Der junge Ehrgeiz gepaart mit der langjährigen Erfahrung von Uli und Peter Kremer (Nachkommen der Familie Schleicher) sorgt für eine hervorragende Dynamik. Das wichtigste dabei: alle sind stets offen für Neues! Wäre das nicht so, hätten wir aktuell nicht schon zwei EASA zertifizierte Elektro-Eigenstarter im Portfolio.

Die beiden Flieger sind also die Produkte eurer Vision, als traditionsreicher Handwerksbetrieb mit der Offenheit für Neues?

So zu sagen. Lange Zeit wurde in der Segelflugindustrie nur auf die Gleitzahlen geschaut. Irgendwann kamen die hohen Flächenbelastungen und daraus resultierenden Schnellflugpolaren hinzu und heute spielt dazu noch die Unabhängigkeit eine enorme Rolle. Hier war uns klar, dass es nicht bei den klassischen Verbrennern bleiben wird.

Schon im Jahr 2010 machten wir hier den ersten Schritt. Die ASG 32 benötigte ein Turbosystem, welches wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht hatten. Die Idee eines elektrischen Antriebes stand hier direkt im Raum, die mit der ASG 32 EL letztendlich auch verwirklicht wurde.

Unsere höchste Priorität ist es, den Kunden ein wirklich ausgereiftes und zuverlässiges Produkt zu liefern, welches auch für die künftigen Entwicklungen gewappnet ist. Aus unserer Sicht lohnt es sich hier auch mal "outside the box" zu denken.

Inwiefern?

Beispielsweise ist das komplette System für die Elektro-Eigenstarter von null auf bei uns im Haus entwickelt worden. Den Grundstein dafür hat das Forschungsprojekt für die ASG 32 EL gelegt, unser erstes Flugzeug mit elektrischer Heimkehrhilfe. Mittlerweile ist das komplette Know-how zu diesem Thema bei uns in der Firma und wir können das System nach unseren Vorstellungen auslegen.

Die Komponenten werden auch bei euch im Haus gefertigt?

Nein. Jedoch werden alle externen Komponenten nach unserer Auslegung produziert und wir müssen hier keine Kompromisse für uns und damit letztendlich auch für den Kunden eingehen. Das war uns enorm wichtig, um künftig dynamisch bleiben zu können.

Euer aktuelles System hat also einiges an Reserven?

Das hat es. In der momentanen Konfiguration leistet das Triebwerk im Eigenstart rund 38kW. Der Motor ist allerdings für rund 124kW ausgelegt.

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Der Regler sitzt zentral im Motorkasten und wird optimal belüftet

Neben ausreichend Reserven haben wir auch viel Wert darauf gelegt, das System möglichst simpel zu halten, um es unter anderem weniger schadensanfällig zu machen. Unser Regler ist durch seine günstige Position im Motorkasten rein luftgekühlt. Wir können so auf Lüfter und die damit einhergehende Technik verzichten. Kühlung ist demnach auch in heißeren Regionen absolut kein Problem.

Die Reserven sind beachtlich. Beim Wankel und Solo würde man jetzt vom "aufbohren" sprechen. Ihr könntet künftig ordentlich an der Leistung drehen?

Das wäre theoretisch möglich, wenn man Anpassungen an den weiteren Komponenten vornimmt. Unsere Entwicklungsphilosophie war hier von Anfang an klar. Sicher, simpel und belastbar. Hierfür müssen alle Komponenten großzügig ausgelegt werden und perfekt aufeinander abgestimmt sein. Damit wollen wir nicht nur mehr Sicherheit erhalten, sondern das System auch langfristig haltbar machen. Schließlich wird ein Segelflugzeug nicht selten weit über 50 Jahre betrieben.

Bleiben wir bei der Lebensdauer. Bei der Antares muss die Batterie irgendwann raus. Wie sieht das bei euch aus?

Bei uns ist das nicht der Fall. Wir prognostizieren unsere Zellen werden, je nach Behandlung, nach etwa 11 Jahren an Kapazität verlieren, jedoch müssen sie dann nicht zwingend raus. Es gibt allerdings ein Leistungskriterium für den Eigenstart. Ansonsten können sie drinnen bleiben.

Im gesamten System gibt es nur zwei Bauteile, die eine TBO haben: das Motorlager und der Propeller. Beides muss nach 1000 Motorstunden gewechselt werden. Wir sind sehr gespannt, wer das als Erstes schafft.

Bei vielen Herstellern findet man die Batterien im Rumpf. Ihr habt eine andere Philosophie?

Prinzipiell hat alles seine Vor- und Nachteile. Natürlich haben auch wir über alle Möglichkeiten nachgedacht. Unserer Meinung nach überwiegen die Vorteile einer Flächenbatterie klar:

Die Rümpfe der Segelflugzeuge sind mittlerweile sehr klein und es herrscht entsprechend wenig Spielraum. In den Flächen können größere Batterien Platz finden. So stellt unser System etwa 25 % mehr Kapazität durch 25 % mehr Zellen bereit.

Die Flächenbatterien liegen optimal im Schwerpunkt. Daher brauchen wir keine Ausgleichsmasse im Cockpit oder Leitwerk, um auf eine sinnvolle Zuladung im Cockpit zu kommen. Außerdem: Hat man Batterien im Rumpf, ist das Gewicht der nicht tragenden Teile ein großes Problem und es gibt große Limitierungen bei der Zuladung im Cockpit. Wir haben bei den Elektro-Eigenstarten 115 kg Zuladung mit zusätzlichen 10 kg für Gepäck, ohne dabei die Flügel extra zu verstärken oder Gewichte in die Außenflügel zu setzten. Das würde uns auch helfen, einen schwereren Zelltyp zu adaptieren, ohne die Tragfläche abzuwandeln oder gar neu auszulegen. Gepaart mit einem geräumigen Cockpit, findet also fast jeder Pilot seinen Platz. Da wir keine Batterien im Rumpf haben, gibt es eine Menge Spielraum im Motorkasten. Hier könnten auch noch größere Motoren und Regler verstaut werden. Wir sind vorbereitet, wenn die Technik sich weiterentwickelt.

Euer Regler scheint gut belüftet. Wie sieht das bei den Batterien aus?

Die Flügelbatterien sind so ausgelegt, dass jede Zelle an der Außenwand des Stranges liegt, was eine super Hitzeableitung darstellt und beim Temperaturmanagement und der Lebensdauer sehr hilfreich ist.

Batteriestrang der AS 33 Me

Und auch hier steht unsere Philosophie im Fokus: Sicher, simpel und belastbar. Die Batterien sind Teil des Flugzeug-Gesamtsystems und der Pilot muss nicht ständig 50 kg Batterien in den Rumpf wuchten. Mit unserem Batteriemanagement-System (BMS) haben wir ein intelligentes Feature entwickelt, um die Batterie beim Laden und Entladen zu überwachen. Letztlich sind die Batterien weit vom Piloten entfernt, das im Fall eines Brandes und der dabei einhergehenden Gasentwicklung ein wesentlicher Vorteil ist und Teil des Me-Sicherheitskonzeptes ist.

Ein paar Worte zum Me-Sicherheitskonzept. Ist es rein durch die Auflagen entstanden oder war es euer eigener Anspruch?

Prinzipiell ist es Teil der Auflagen. Im Brandfall muss sichergestellt werden, dass der Flieger in einer bestimmten Zeit heile zurück an den Boden kommt. Unser Anspruch ist es allerdings, dass die Struktur des Flugzeugs dabei intakt bleibt und im Normalfall keine Reparatur notwendig ist. Das geht so weit, dass es sein könnte, dass nicht einmal der komplette Batteriestrang getauscht werden muss.

Kommen wir zu den Flugzeugen. Sowohl AS 34 Me als auch AS 33 Me haben mittlerweile beide ihre Musterzulassung, Glückwunsch! Wie sieht es mit der Steigleistung aus?

Vielen Dank! Wenn man mit der AS 34 Me einen Eigenstart auf 600 m durchführt, hat man im Anschluss noch etwa 2200 m Steigleistung zur Verfügung, das mit dem Flieger für etwa 125 km im Sägezahn reicht. Erflogen haben wir das mit einer Abflugmasse von 520 kg. Aufwärts geht es dabei mit etwa 3,5 m/s.

Der Messflug hat in ruhiger Luft stattgefunden?

Nein. Es war um die Mittagszeit und der Tag hatte relativ viel Wind. Übrigens: Für die AS 33 Me gelten dieselben Steigwerte. Im Sägezahn kommt man hier allerdings rund 170 km weit, da die Gleitleistungen der 33 deutlich besser sind.

Manche Piloten fliegen gerne sowohl frei als auch im Wettbewerb. Andere Hersteller bieten hier Optionen, Batterien herauszunehmen. Gilt das auch für die AS 33 Me?

Bei der AS 33 Me kann man die Batterien nicht ohne weiteres herausnehmen. Hier kommt wieder das Abwägen der Vor- und Nachteile ins Spiel. In der Gleichung muss man natürlich immer sehen, in wie vielen Fällen (auch im Wettbewerb) man ein wirklich leichtes Flugzeug benötigt. Das wird häufig sehr extrem dargestellt und ist natürlich das erste Argument, aber letztendlich wäre man am besten mit einem reinen Segler beraten. Man muss abwarten, wie die Zeit und vor allem die Kunden das Thema in der Benutzung bewerten.

Die Zielgruppe der AS 33 Me liegt nahe. Wen habt ihr bei der AS 34 Me im Sinn?

Die gefühlten restlichen 90 % der Segelflieger. Außerdem diejenigen, welche seit jeher von Öl, Sprit und Wartungsaufwand abgeschreckt waren, aber trotzdem die Unabhängigkeit suchen. Mit der AS 34 Me kann man alleine starten, man kommt abends wieder heim, man hat wenig Wartungsaufwand und ein gutmütiges Handling in der Luft und am Boden.

AS 34 Me und AS 33 Me in Aktion

Anfangs sprachen wir über die Offenheit gegenüber Neuem. Vermehrt stellen wir uns die Frage, ob es immer der für den Wettbewerb optimierte Flieger sein muss? Die meisten von uns wollen doch einfach Spaß in der Fliegerei haben und ihre Leidenschaft ausleben. Dafür braucht es weniger ein hochgezüchtetes Rennpferd, sondern viel mehr einen zuverlässigen Begleiter, der einem die Fliegerei so stressfrei wie nur möglich gestaltet. Hier ist die AS 34 Me nicht nur für Privatpiloten, sondern auch für Vereine interessant.

Mit der AS 35 Mi probiert ihr dann doch einen kleinen Spagat zwischen den beiden Zielgruppen? Schließlich nennt ihr eure neue Offene Klasse den "perfekten Allrounder".

Aus aktueller Sicht befindet sich die AS 35 in der Offenen Klasse, da sie 20 m Spannweite hat. Hier haben wir uns die Frage gestellt, ob man Flieger immer in den Wettbewerbsklassen denken sollte, oder ob diese nicht auch aus den Klassen ausbrechen können?

Die AS 35 wird im Wettbewerb ohne Zweifel sehr gut sein, da sprechen die Leistungsdaten absolut für sich. Doch wie viele Leute fliegen noch im Wettbewerb und wie viele Leute wollen einfach das maximale Erlebnis aus ihrem Hobby herausholen und dabei Spaß haben. Letzteres geht vor allem mit einem autarken Flugzeug mit einfach Handling am Boden und in der Luft, welches dennoch beachtliche Leistungen fliegen kann. Auf Wettbewerben gibt es nur einen Gewinner. Wenn man frei fliegt und wieder glücklich in der Heimat landet, ist jeder ein Gewinner.

Die ASH 31 wird von Kundinnen und Kunden gut angenommen. Warum steckt ihr eure Ressourcen in eine neue Offene Klasse, anstatt in einen neuen Doppelsitzer?

Mit der AS 33 haben wir eine komplett neue Profilfamilie entwickelt. Diese ermöglichte uns einen tollen Nachfolger für die überaus beliebte ASG 29 zu schaffen. Der nächste logische Schritt ist es, diese Profilfamilie in die Offene Klasse zu überführen und mit der AS 35 Mi einen würdigen Nachfolger für die ASH 31 Mi zu schaffen. Man verbessert oder entwickelt bestehendes weiter.

Ein paar Worte zu der neuen Profilfamilie?

Auch die ist wie unser elektrisches Antriebskonzept von null auf bei uns im Haus entstanden. Das Profil hat einen extrem niedrigen Widerstand gepaart mit einem hohen Auftriebsbeiwert. Dies ermöglicht uns eine noch nicht da gewesene Performance im Schnellflug. Laut unseren Berechnungen hat die AS 35 erst bei 235 km/h ein Eigensinken von 2 m/s.

Und die ASH 31 Mi?

Die ASH 31 Mi hat diese Linie bei ca. 190 km/h geschnitten. Das sind in diesem Geschwindigkeitsbereich enorme 45 km/h mehr. Und auch die Gleitzahl ist dabei nicht zu vergessen. Wir haben ein Flugzeug, welches bei nur 20 m Spannweite eine Gleitzahl über 63 schafft. Das sind 6 Gleitpunkte mehr bei 1 Meter weniger Spannweite.

Ihr scheint viel Wert auf eine hohe Flächenbelastung und den Schnellflug gelegt zu haben. Wie schätzt ihr den Flieger im schwachen Wetter ein?

Durch den hohen Auftriebsbeiwert erwarten wir, dass die 35 auch bei schwachen Verhältnissen sehr gut steigen wird. Mit einer minimalen Flächenbelastung von 44 kg/m² glauben wir, für einen Eigenstarter gut unterwegs zu sein. Man darf auch nicht vergessen, dass man mit nur 20 m Spannweite wesentlich wendiger ist als andere Offene Klasse Flugzeuge, welches einem beim Zentrieren schwieriger Thermik auch helfen sollte.

Spricht man mit AS 33 Kunden oder Interessenten nach Probeflügen, so sind sie meistens extrem überrascht wie die Kombination aus wenig Widerstand und hohem Auftrieb überhaupt möglich ist.

Jonkers meint das Optimum der Offenen Klasse irgendwo zwischen 24 und 24,5 Meter gefunden zu haben. Ihr seht das Optimum bei 20 Metern?

Das ist sehr interessant. Es gibt mehrere Richtungen, wie man einen Entwurf angehen kann. Jonkers scheint das Optimum für ein Offene Klasse Flugzeug gefunden zu haben, das 850 kg wiegt. Die AS 35 wird dieses Gewicht nie sehen, sie hat eine Abflugmasse von maximal 730 kg. Der Flieger wird so viel alltagstauglicher für den Piloten.

Trotzdem wollten wir keine Leistung einbüßen. Unser Ansatz ist also eine hohe Flächenbelastung, trotz geringeren Gewichtes zu fliegen. Wir haben geschaut, wo das Optimum zwischen Schnellflug und Widerstand liegt. Hier liegt es nahe, dass man bei einer kleineren Spannweite landet.

Wird die AS 35 als "perfekter Allrounder" noch weitere Spannweiten im Angebot haben?

Das sehr beliebte Segment der 18m-Eigenstarter wollen wir mit der AS 35 auch bedienen. Hierfür wird es eine Option geben. Spannweiten-Kombinationen von 18 m und mehr als 20 m werden bei dieser Auslegung strukturell irgendwann schwierig. Es war bereits eine enorme Herausforderung, die 62er Flächenbelastung in einen so kleinen Flügel zu bekommen. Wir haben hier wirklich die Grenzen ausgelotet, um das Maximum herauszuholen.

Das Rendering der AS 35 sieht spannend aus. Wird es tatsächlich eine elliptische Fläche, ohne Kanten?

Ja so wird es in der Luft aussehen. Auch die Pfeilung der Flächen wird es geben. Man kann wirklich gespannt sein. Je mehr Trapeze der Flügel bekommt, desto elliptischer wirkt er und desto besser funktioniert er.

Uns brennt es schon unter den Fingern das erste Mal das fertige Flugzeug mit dieser tollen Flügelgeometrie in echt zu präsentieren.

Habt ihr schon einen kleinen Vorgeschmack für uns?

Na klar:

Wird es künftig eine AS 35 Me geben?

Hier ist die aktuelle Energiedichte der Zellen ein großes Problem. Wir wollen hier keine Kompromisse machen, sondern unseren Kunden ein vollständig ausgereiftes Produkt anbieten.

Aus unserer Sicht macht es aktuell nur bis 620 kg Sinn, ein Segelflugzeug elektrisch eigenstartfähig zu machen. Da die AS 35 nicht auf 850 kg ausgelegt wurde, wird das Projekt früher sinnvoll realisierbar sein, als bei anderen Offenen Klasse Flugzeugen. Aber darüber werden wir nachdenken, wenn die Zellen eine ordentliche Kapazität für 730 kg ermöglichen. Wir wollen uns treu bleiben und nicht unter die 2800 m der anderen Me Flugzeuge gehen, nur um ein Elektrosystem in die 35 zu zwingen.

Wie wird es für die ASH 31 weitergehen?

Wir bauen momentan die letzten. Der Fertigungsaufwand von AS 35 und ASH 31 ist ähnlich und damit nicht viel günstiger. Dabei bietet die AS 35 weit mehr Möglichkeiten und löst die ASH 31 Mi in dieser Produktkategorie ab.

Wie viele Flugzeuge verlassen bei euch jährlich das Werk?

Vor den multiplen Krisen waren es zwischen 50 und 60 Flugzeuge jährlich. Momentan sind es etwas weniger. Künftig würden wir gerne wieder mehr bauen. Das Problem ist vielschichtig. Wie jeder weiß, gibt es nach wie vor Probleme mit den Lieferketten. Es wird immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu bekommen, die ein gutes Handwerk leisten. Segelflugzeuge bauen ist nach wie vor Handarbeit. Obendrauf werden die Segelflugzeuge als Gesamtsystem auch immer komplexer. Momentan benötigen wir für den Bau eines Flugzeuges rund 2500 Personenstunden. Als Vergleich: für die ASW 20 wurden damals rund 1000 Stunden benötigt.

Komplexere Segelflugzeuge: Auch ein Grund, warum mittlerweile ein Buchstabe weniger zu finden ist?

In der Tat. Früher gab es zwei Teams, die parallel zwei Segelflugzeuge entworfen haben. Der jeweils Hauptverantwortliche war der dritte Buchstabe im Typenschild. Mittlerweile bündeln wir unsere gesamte Entwicklungskapazität in ein Projekt. Zum einen, da die Systeme an sich komplexer werden. Zum anderen, um schneller zu sein. Anders hätten die AS 34 Me und AS 33 nicht so schnell ihre EASA-Musterzulassung bekommen.

Jonkers will mit der JS4 die Standard Klasse neu beleben. Schempp-Hirth stellt die Produktion des Discus 2c ein. Wie denkt ihr darüber?

Man muss hier klar Kosten und Nutzen abwägen. Die Entwicklungskosten eines neuen Standard Klasse Entwurfes wären so groß, dass der Preis ähnlich eines neuen 18m-Wölbklappenfliegers wäre. Die Anzahl der Kunden, welche für ein Flugzeug mit geringerer Leistung den gleichen Preis zahlen würde, ist verschwindend gering. Wir finden es extrem mutig, was Jonkers in der Standard Klasse vorhat.

Zum Schluss gehen wir nochmal ins Kreuzverhör. Der Marktanteil der Doppelsitzerklasse ist sehr hoch und der Arcus scheint ungeschlagen. Könnt ihr da einfach so zuschauen?

Nein, wir wollen ehrlich sein. Die ASG 32 hat zwei Probleme, die sich im aktuellen Marktanteil widerspiegeln. Die einzige Turbooption der ASG 32 EL war im Vergleich zu einem konventionellen Solo-Turbo etwas teurer. Das hat damals viele Vereine abgeschreckt. Außerdem wollten sie keine Versuchskaninchen für das neue Konzept des Elektroantriebs sein. Denn wir sprechen hier von 2014, als Elektroantriebe in Segelflugzeugen noch nicht „Standard“ waren, sondern ein absoluter Exot. Zu dieser Zeit waren nur Elektroenthusiasten die Fans. Zudem kam der Flieger ein bisschen später auf den Markt.

Davon unabhängig sind die Flugleistungen und vor allem die Schnellflugeigenschaften beachtlich. In der Thermik muss man, durch die Vorflugoptimierung, zugegebener Maßen etwas mehr arbeiten. Doch auch die ASG 32 hat das Zeug zum deutschen Meister, wie Laurenz und Georg Theisinger dieses Jahr in Bayreuth bewiesen haben.

Auch das Pilotenfeedback ist ein wichtiger Punkt. Wir haben noch niemanden
gehört, der nach einem 5h ASG 32 Flug nicht begeistert war. Dieses Flugzeug macht unglaublich Spaß und die Piloten müssen nur offen dafür sein, sich begeistern zu lassen.

Wir können sagen, das letzte Wort ist hier definitiv noch nicht gesprochen!

Mit der Optimierung von 20 m Flächen scheint ihr ja bei der AS 35 ordentlich Erfahrung gesammelt zu haben.

Guter Versuch. Natürlich liegt es nahe, dass man solche Ergebnisse weiterverwendet. Wir sind bei den 20 m aber auch von 18 m gekommen und der Unterschied zwischen einem 20 m Einsitzer und Doppelsitzerflügel sind riesig. Der Flügel ist also aktuell nur für die AS 35 konzipiert und nicht für ein neues Dosi Flugzeug. Die ASG 32 ist unserer Ansicht nach ein wahnsinnig toller Doppelsitzer mit viel Leistungs- und vor allem einem hohen Spaßfaktor zu zweit.

Sehen wir eines Tages ein AS Flugzeug mit Propeller an der Schnauze?

Mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Auch hier hat jedes System seine Vor- und Nachteile, doch wir sind überzeugt von unserer Philosophie. Klar ist, dass wir mit der Möglichkeit zum Eigenstart eine beliebte Option für die Kunden bieten.

Ein weiterer großer Aspekt ist für uns die Sicherheit. Wir glauben, dass es nach einer stressvollen Situation in niedriger Höhe wichtig ist, schnell und kraftvoll an Höhe zu gewinnen. So kann man sich schnell auf das Abendessen konzentrieren und in Richtung Heimat fliegen. Um mit einem FES effizient zu sein, hält man in der Regel die Höhe und fliegt zum nächsten Bart im tiefen Höhenband.

Wir können das Konzept des Hybriden Segelfluges nachvollziehen, bei dem mal eben der FES bemüht wird, um sich über das nächste Hindernis oder zum nächsten Bart zu lupfen. Doch wie viele Leute machen momentan den FES an und sehen ihren Flug ab diesen Zeitpunkt nicht als beendet an? Für uns ist der Trend momentan nicht deutlich genug. Falls doch, wäre es auch mit einem modernen Elektro-Klapptriebwerk möglich. Wenn man über hybrides Fliegen redet,
dann sind abends die Punkte nicht wichtig und dann ist es auch egal, ob ich den Motor 20 Sekunden oder 30 Sekunden anhabe.

Und mit einem Augenzwinkern, wir finden die Schleicher Rümpfe viel zu schön für den kleinen Schnurrbart an der Schnauze ;)

Patrick, vielen Dank für deine Zeit. Ein spannendes Gespräch. Wir hören uns nach dem Erstflug der 35.


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