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Stefan Langer | SteFly und die Perspektiven des Segelflugs

Ein Gespräch über Red Bull, Netflix, Steflys Produktpalette und Schleichers neue AS 33 Me.
Stefan Langer | SteFly und die Perspektiven des Segelflugs

Vor ein paar Jahren auf YouTube durchgestartet hat Stefan viele Millionen Aufrufe generiert und gibt den Menschen weit über die Segelflugcommunity hinaus Einblicke in unseren Sport. Ebenso erfolgreich wie in der Wettbewerbsszene (Grand Prix Final Sieger, 3x WM Bronze), hat Stefan sich außerdem mit der Marke SteFly auf dem Markt der Segelflug Hardware positioniert.

Stefan, du hast dein Hobby zum Beruf gemacht. Nimm uns mal mit in deinen Arbeitsalltag.

In etwa wende ich 2/3 meiner Zeit für SteFly und 1/3 für Social Media (Youtube und Instagram) auf. Mein Alltag ist stark saisonal geprägt. Im Sommer bin ich häufig auf Wettbewerben unterwegs oder wende mich anderen fliegerischen Projekten. Dort fließt eine Menge Zeit in Social Media. Glücklicherweise betreibe ich SteFly nicht alleine und habe Unterstützung, die das tägliche Geschäft abwickelt. So muss man auch im Sommer nicht lange auf seine Bestellung bei uns warten.

Ein paar Worte zu der Entwicklung von SteFly?

2014 habe ich an einem Studentenwettbewerb der Schweizer Firma Toradex teilgenommen. Toradex ist ein führender Anbieter von modularen Rechenplattformen und international aktiv. Ich gewann damals mit einem Segelflug-Navigationsgerät, dessen Display in der Sonne sehr gut ablesbar war, den zweiten Platz mit einem Preisgeld von 10.000 US-Dollar. Anschließend habe ich meine Erfahrungen bezüglich Display und Eingabegeräten in das OpenVario (Open-Source-Projekt) eingebracht. Irgendwann ist das Entwicklerteam des OpenVarios mit der Frage auf mich zugekommen, ob ich die OpenVario-Hardware als Bausatz anbieten möchte. So habe ich schon während des Studiums angefangen unter der Marke SteFly das OpenVario anzubieten. 

Wie viele OpenVarios hast du seither verkauft?

Wir selbst haben etwa 800 Bausätze gefertigt. Da es sich um ein Open-Source-Projekt handelt und sich auch einige Segelflieger ihre eigenen Geräte selbst gefertigt haben, liegt die Gesamtzahl der weltweit verteilten OpenVarios auf jeden Fall höher. 

Das OpenVario hat seinen 10. Geburtstag schon hinter sich?

In der Tat. Die Hardware des OpenVarios ist tatsächlich in die Jahre gekommen. In den letzten zehn Jahren gab es doch deutliche Weiterentwicklungen bspw. hinsichtlich Rechenleistung und Displaytechnologie. Es ist zunehmend aufwändiger geworden, die ursprünglichen Komponenten für das OpenVario zu beschaffen. 

Ist das neue SteFly NAV das logische Update einer veralteten Hardware oder hat es auch weitere Vorteile?

Das Betriebssystem für das OpenVario war eine speziell angepasste Linux-Version. Auf dem SteFly NAV läuft nun Android. Dadurch kann man schnell und einfach alle gängigen Android-Apps auf dem Markt installieren. Neben XCSoar und dessen Variationen wie OpenSoar und TopHat ist nun zum Beispiel auch die Verwendung von SeeYou Navigator möglich. Falls man das Gerät im UL Bereich verwenden möchte, kann man auch Apps wie SkyDemon oder Ähnliches auf das SteFly NAV laden. Außerdem sind Updates und Filetransfers auf das System wesentlich benutzerfreundlicher geworden. 

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Hat das SteFly NAV einen Touchscreen?

Ja. Entgegen der Design-Philosophie des OpenVarios haben wir uns entschlossen nun auch einen Touchscreen standardmäßig zu verbauen. Durch optisches Verkleben von LCD und Touch-Oberfläche ist die Helligkeit und Ablesbarkeit trotzdem besser als beim Vorgänger. 

Ist ein WiFi Modul bereits integriert?

WiFi und Bluetooth sind standardmäßig integriert. Man kann also problemlos über einen WiFi HotSpot direkt im SteFly NAV eine Wendepunktdatei herunterladen und in den passenden Ordner verschieben. Damit spart man sich den Laptop und USB Stick am Flugplatz. 

Angenommen man entscheidet sich vom OpenVario auf das SteFly NAV umzusteigen. Muss man große Veränderungen vornehmen?

Nein, wir haben großen Wert auf Plug-and-Play gelegt. Sowohl der Ausschnitt im Instrumentenpanel, als auch die Schnittstellen zum Kabelbaum sind gleich geblieben. Man kann das SteFly NAV einfach in das Panel schrauben und loslegen. Zudem ist das Gehäuse in der Bautiefe flacher geworden. 

Viele werden bereits den Remotestick im Flieger haben. Kann man damit alle Apps bedienen?

Wie gewohnt kann man mit dem Knüppelgriff den Mauszeiger bewegen und somit auch außerhalb von XCSoar, in Ergänzung zum Touchscreen, Benutzereingaben tätigen. Für spezielle Features muss die App auf die Bedienung mit USB-Tastatur optimiert sein, was bei XCSoar und dessen Variationen der Fall ist. Weitere Apps müssen erst dafür angepasst werden.

SteFly NAV scheint kein OpenSource Projekt mehr zu sein. Man kann es also nicht mehr selber bauen?

Aus Hardwaresicht ist SteFly NAV kein Open-Source-Produkt mehr. Natürlich kann man aber Open-Source-Programme auf dem Gerät installieren und ist hier ganz frei in der Anwendung.

Ihr habt noch ein weiteres Großprojekt auf den Markt gebracht. Erzähl uns ein bisschen was über Larus.

Beim Larus handelt es sich um eine hochpräzise Vario-Sensoreinheit, welche zusätzlich noch Echtzeit- und Langzeitwind bereitstellt. Gleichzeitig stellt sie einen künstlichen Horizont bereit. Larus wurde von deutschen Segelflugpiloten als Open Source Projekt entwickelt.

Ihr bewerbt Larus als Sensoreinheit. Was genau bedeutet das für den Piloten?

Larus kann man dementsprechend mit SteFly NAV, dem OpenVario oder sogar mit einem Android Smartphone koppeln. So hat auch jeder Pilot, der ohne integrierten Navigationsrechner fliegt, die Möglichkeit ein High End Vario zu nutzen. Zusätzlich entwickelt das Larus Team eine externe Vaioanzeige, um auch eine Standalone Lösung zu ermöglichen.

Larus ist ein komplexes Produkt. Welches Team steckt dahinter?

Den Kern des Teams bilden Dr. Klaus Schäfer, Horst Rupp und Maximilian Betz, aber auch viele weitere Segelflugpiloten haben ihr Wissen einfließen lassen. 

Klaus und Maximilian sind beide Vereinskollegen meines Clubklasse-Teampartners Uwe Wahlig. Zusammen mit Uwe habe ich einen Larus-Prototypen auf der WM 2021 in Frankreich getestet und war mit der Performance mehr als zufrieden. 

Wie genau ist das abgelaufen auf der WM?

Wir beide fliegen ein identisches Flugzeug und konnten unsere Daten im engen Teamflug vergleichen. Uwe Wahlig testete das neu eingeführte Hawk von LxNav während ich mit dem Larus unterwegs war.

Fazit der WM: bei uns beiden war die Freude sehr groß, dass die neue Technik so gut funktioniert. Die Unterschiede zu einem klassischen TEK Vario sind eindeutig.

Die neue Generation von Varios ist demnach ein weiterer Leistungssprung im Segelflug?

Einer der großen Vorteile ist es, dass horizontale Windböen herausgefiltert werden und nicht mehr zu Fehlanzeigen des Varios führen. Dadurch werden Fehlkreise vermieden, was früher nur Piloten mittels langjähriger Erfahrung gelang. Auch im Geradeausflug bietet das Larus einen erheblichen Mehrwert. Durch das schnelle und präzise Ansprechverhalten lassen sich sehr gut Linien erfliegen. Ein Standard Stauscheiben-Variometer hat eine Zeitkonstante von 3 Sekunden, während ich mit dem Larus mit einer eingestellten Zeitkonstante von 1 Sekunde fliege. Der Feedback Loop ist dadurch wesentlich kürzer, was natürlich hilfreich für eine hohe XC-Speed ist. 

Wie unterscheidet sich das Larus vom Hawk?

Für den Endbenutzer werden sich die Varios ähnlich verhalten. In der Sensorik unterscheiden sich die Geräte tatsächlich etwas. Ohne zu tief in die Materie einzusteigen, kann man sagen, dass Larus mehr mit gemessenen Daten arbeitet und weniger interpoliert wird. Das heißt, es müssen weniger Daten durch den Algorithmus laufen und die Windanzeige wird etwas schneller. Außerdem kann es mit mehr Messsensorik zu weniger Problemen kommen, wenn es lange geradeaus geht. Beispielsweise in Namibia oder Südafrika. Damit Larus einwandfrei funktioniert, sollte man sich allerdings Zeit nehmen, die GNSS-Antenne(n) und die Sensoreinheit sorgfältig im Flugzeug zu installieren und zu kalibrieren. 

Was sind deine Learnings seit dem du mit Larus unterwegs bist?

Lange Zeit war ich ein großer Verfechter der Blockspeed. Im Grunde kommt die Idee der Blockspeed daher, dass man mit den trägen Variometern nicht effizient delphinieren kann, da man mit den alten Varios einfach erst herausgezogen hat, als das eigentliche Steigen schon wieder weg war. Zudem bestand das Risiko, dass durch eine Fehlanzeige die Fahrt im Abwindfeld reduziert wurde, was kontraproduktiv ist. Deshalb hat es sich bei vielen Piloten durchgesetzt, den Anstellwinkel im Vorflug nur leicht zu verändern. 

Da die neue Generation der Variometer allerdings extrem schnell auf Steigen reagieren und dazu noch die horizontalen Böen herausfiltern kann, lohnt es sich mittlerweile wieder mehr, die Fahrt etwas herauszunehmen, wenn das Variometer Steigen signalisiert. Ich meine damit nicht, dass man wieder anfangen sollte, spektakuläre Manöver mit hohen G-Kräften zu fliegen. Doch das geschickte Anpassen der Fahrt macht nun einfach wieder Sinn.

Welche Produkte führt SteFly sonst noch im Sortiment?

Seit einem Jahr bieten wir auch Haubenblitzer an. Wir haben den Fokus darauf gelegt, eine möglichst kompakte Stirnseite zu entwickeln. Dadurch wird die Lüftung weniger blockiert und die Sicht nach vorne wird weniger gestört. Wir haben auf ein grünes Licht gesetzt, da es für das menschliche Auge heller und damit auch besser erkennbar ist.

Außerdem bieten wir auch eine Auswahl ergonomischer Knüppelgriffe an. Wahlweise auch nur mit Push to Talk Taster. Mittlerweile haben wir auch eine Merch Line unter der Marke FlightLvl gelauncht. Hier werden wir nach und nach weitere praktische Artikel ergänzen. 

Was ist bei SteFly für die Zukunft geplant?

Allzu viel kann ich hier noch nicht verraten. Aktuell arbeiten wir an einer kleineren Version des SteFly NAV, das in einen 80mm Ausschnitt passt. So kann das SteFly NAV künftig auch ohne Modifikation der Panelausschnitte verbaut werden. 

Eigentlich sollte es zu Zeiten von Social Media einfacher sein denn je Menschen für den Segelflug zu begeistern. Trotzdem kämpfen viele Vereine mit sinkenden Mitgliederzahlen. Warum?

Ich denke, das ist ein vielschichtiges Problem. Auch in anderen Sportarten gibt es Content Creator mit großer Reichweite, die Werbung für Ihren Sport machen. Somit erhöht sich nicht überproportional die Wahrnehmung des Segelflugs in der Öffentlichkeit. 

Trotzdem erreichst du ja sehr viele Menschen weltweit.

Ich habe auch schon viele Nachrichten von Followern bekommen, die meine Videos gesehen und anschließend mit dem Segelflug angefangen haben. Natürlich freut mich so ein Feedback sehr und motiviert mich, mit den Videos weiterzumachen. Die eigentliche Herausforderung der Mitgliederbindung beginnt allerdings, nachdem die Flugbegeisterten einem Verein beigetreten sind. Zusammengefasst: Viel Reichweite ist gut. Letztendlich liegt es dann aber an den Vereinen und deren Arbeit, die Leute langfristig zu motivieren.

Wie hält man die Leute deiner Meinung nach bei der Stange?

Ich bin der Ansicht, dass man eine langfristige Challenge braucht, um die Begeisterung für den Sport aufrechtzuerhalten, weiterzumachen. Das könnte Kunstflug sein, in meinem Fall ist es der Streckenflug. Hier gibt es natürlich das berühmte "Scheinloch" und sicherlich ist es eine große Aufgabe, die Leute an diese Dinge heranzuführen. Doch durch Features wie eure Badges oder die Lokal Competitions haben die Vereine schon eine Menge Tools dieses Loch, auch spielerisch und das ist wichtig in der heutigen Zeit, zu stopfen.

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Gibt es im Berreich Content Creation bereits Pläne für die Zukunft?

Prinzipiell möchte ich natürlich, dass es für meine Zuschauer interessant bleibt und ich den Spaß an der Sache behalte. Interessanterweise kommen Videos über Wettbewerbe nicht so gut an, wie beispielsweise Wandersegelflüge. Es gibt noch viele Möglichkeiten, das Format auszubauen und es für die Zuschauer noch spannender zu machen. Hier freue ich mich schon weitere Pläne zu schmieden.

Auf Netflix gibt es einige Dokumentationen, die ohne professionelle Produktionsfirmen gedreht wurden. Schon mal drüber nachgedacht?

Netflix wäre eine große Chance, noch mehr Leute für die Segelfliegerei zu begeistern. Ich behalte das im Hinterkopf. Klar ist, dass man sich hier extrem viele Gedanken machen muss, um ein lückenloses und überzeugendes Konzept vorzustellen. Wahrscheinlich müsste auch noch der ein oder andere Sponsor mit einsteigen. 

Gab es schon mal Kontakt zu Red Bull?

Red Bull ist ein Konzern mit bekanntlich großem Marketingbudget und dazu noch Luftfahrt affin. Vor einigen Jahren hatte ich einen Versuch gestartet, allerdings ohne Erfolg. 

Wurden Gründe genannt?

Red Bull sucht hauptsächlich junge Ausnahmetalente, die international Erfolg haben. Ohne Namen zu nennen, gab es vor ein paar Jahren mal ein Sponsoringangebot seitens Red Bull für einen deutschen Segelflugpiloten. Letztendlich ist leider nichts draus geworden. Jedoch war es meines Wissens das einzige Angebot im Streckensegelflug jemals. Mittlerweile habe ich gezeigt, dass man auch in einer Randsportart eine ansehnliche mediale Reichweite erlangen kann. Es gibt bestimmt noch andere Unternehmen die vom umweltfreundlichen Segelflugimage profitieren können.  

Auf der Aero stellst du dein neues Flugzeug vor. Warum hast du dich für die AS33 Me entschieden?

Ich habe ja schon erwähnt, dass mir Abenteuer wie Wandersegelflüge oder in Zukunft Expeditionen in Länder mit fehlender Segelfluginfrastruktur Spaß machen. Trotzdem hat der Wettbewerb nach wie vor einen großen Fokus bei mir und ich sehe hier die AS33 Me wirklich als optimalen Allrounder. Die Ergonomie ist genial. Das Cockpit bietet genügend Platz für Wandersegelflug, da die Batterien sich in den Flächen befinden. Die elektrische Reichweite ist für einen Elektroantrieb relativ hoch, was für solche Abenteuer fundamental ist. Zudem ist die AS33 sehr wettbewerbstauglich, kann eine Flächenbelastung von 60 kg/m² erreichen und dabei trotzdem noch sehr gut steigen. 

Vielen Dank für das Interview Stefan. Wir sehen dich und deinen neuen Flieger auf der Aero.


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