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Never stop exploring

Dieses Motto treibt Bert Schmelzer an, ganz egal, ob im Jura, in den Alpen oder in den Mittelgebirgen Süddeutschlands. Wir unterhalten uns heute mit dem Gewinner des Nationalen Segelflugwettbewerbs der Schweiz 2025.
Never stop exploring

Regelmäßig macht der Belgier, der heute in der Schweiz lebt und fliegt, mit kreativen und weiten Flügen auf sich aufmerksam. Doch nicht nur der raumgreifende Streckenflug liegt Bert Schmelzer. Im Gespräch erfahren wir, warum er den Wettbewerbssegelflug liebt, warum man in Hausen am Albis sehr gut Segelfliegen kann und was sein Lieblingsberg in den Alpen ist.

Wir wollen mit einer kurzen Einstiegsfrage beginnen: Du willst zu P, wie fliegst du die nächsten Wolken an und warum?

Ich würde die kleine Wolkenfluse vor uns voll mitnehmen, aber nicht einkreisen. Dann würde ich unter der dicken Cumuluswolke hindurchfliegen, wie in einem Schwalbenflug links und rechts, bis der gute Bart kommt. Danach würde ich ziemlich zielstrebig auf die Wolke weiter links zuhalten und auf die andere Seite wechseln. Die Fetzen am rechten Rand würde ich noch mitnehmen, aber dort würde ich nicht mehr kreisen wollen, da ich hier schon Einfluss der Luft aus dem Tal vermute.

Im zweiten Bild wird’s etwas kniffliger. Ich würde auf jeden Fall die dunklen Stellen anfliegen. Halblinks, wo die Wolken ein wenig auskondensieren erwarte ich, dass die Thermik noch gut ansaugt. In Richtung P und dahinter sehen die Cumuli ja auch wieder einigermaßen gut aus. Auch die Schauer scheinen nicht sehr dicht zu sein.

Beginnen wir mit deinen beiden Flügen am 1. und 2. Mai. Was zeichnete diese zwei grandiosen Tage aus?

Das waren wirklich außergewöhnliche Tage. Die Thermik war extrem zuverlässig und brachte Bedingungen wie in Südafrika oder Namibia, nur eben 2000 m tiefer. Auch der Einstieg, der bei uns in der Schweiz wegen der stabilen Mittellandluft oft schwierig ist, war an diesen beiden Tagen gut machbar. Aber gerade nach Überquerung der österreichischen Grenze ging es extrem gut. Man konnte fast nichts falsch machen, und das Steigen lag selten unter 3 m/s. Es ging abends extrem lang, gerade am ersten Tag. Im Engadin fast bis Sonnenuntergang. Neben der guten Luftmasse war es vor allem die Trockenheit der Böden, die diese bombastischen Bedingungen ermöglichte.

An beiden Tagen bist du ein angemeldetes 1008 km Zielrück geflogen. Warum diese Strecke in Richtung Osten?

Ich fliege einfach gerne raumgreifende Flüge, ob als Dreieck oder Zielrückflug – das macht mir viel mehr Spaß als kürzere Schenkel. Thermisch war ich noch nie so weit im Osten und die Vorhersage war an den beiden Tagen sehr gut in diesem Bereich. Die letzten 50 Kilometer waren dann zwar etwas schwieriger, aber immer noch gut.

Am 2. Mai schreibst du unter deinem Flug: "Same but very different". Was waren die Unterschiede zwischen den beiden Flügen?

Der Flug nach Osten war wieder super einfach, der Pinzgau war unglaublich gut und bis zur Wende lief alles extrem schnell. Dann habe ich aber versucht, auf der Südseite zurückzufliegen. Der Wechsel war dann doch zeitaufwendiger als ich dachte und die Bedingungen viel langsamer. Es war dann richtig mühsam, bis ich im Engadin dann schließlich unter diffusen Wölkchen mit 0,5 m/s auf Endanflughöhe kurbeln konnte. Der Endanflug verlief dann durch völlig tote Luft, aber es hat gut gereicht, die Strecke zu schließen.

Schwierige Bedingungen vor dem Endanflug am 2. Mai

Kommen wir zum dritten Siegerflug, einem gemeldeten 800 km Dreieck über Jura, Vercors und den Hochalpen. Warum diese Route?

Die Strecke ist landschaftlich einfach herrlich. Ich bin sie bereits mehrfach geflogen und es ist jedes Mal aufs Neue atemberaubend. Dass hier an diesem Tag ein großes Dreieck möglich sein wird, wusste ich. Um im NSFW auf Platz Eins zu springen, habe ich dann die 800 km angesetzt.

Trotzdem war der Flug dann recht mühsam, da ich eigentlich die ganze Zeit zu früh war und die Thermik erst hinter mir richtig aufbaute. Der westliche Jura war nur sehr mäßig, und der Sprung über Genf in Richtung Chambéry war auch extrem knifflig.

Also keine ganz einfache Strecke?

Nein, man muss den Abflugpunkt morgens haarscharf auslegen, damit man einen guten Einstieg in den Jura bekommt und abends trotzdem den Flug schließen kann. Auch der Sprung vorbei an Genf Richtung Chambéry ist häufig am Limit. Aber am Nachmittag wird es einfacher. Wenn man im Wallis am Dom ist, hat man oft um die 4000 m. Da sind dann die letzten 160 km Endanflug und das macht es am Abend relativ einfach.

Seit 2011 fliegst du in Hausen. Was zeichnet diesen Startplatz aus?

Wir haben von Hausen aus vielfältige fliegerische Möglichkeiten: den Schwarzwald, den Jura und natürlich die Alpen. Auch bei Föhn ist die Ausgangslage top. Was den Verein aber besonders auszeichnet, ist die unglaublich gute Kameradschaft und die unkomplizierte Atmosphäre. In all den Jahren, in denen ich hier fliege, gab es nie ein böses Wort. Im Verein ist alles auf den Leistungsflug getrimmt, auch die Flotte. Außerdem teilt jeder sein Wissen und seine Erfahrungen offen.

Startaufstellung in Hausen

Du fliegst schon in 3. Generation. Das Flieger-Gen liegt also in der Familie?

Ja, total. Schon mein Opa war Flieger und auch mein Papa ist leidenschaftlicher Strecken- und Wettbewerbssegelflieger. In unserer Familie hat sich die Tradition manifestiert, dass jedes Kind einmal fliegen muss, bevor es laufen kann. Auch ich habe meine Segelfliegerausbildung dann frühestmöglich absolviert. Zusammen mit meinem Bruder fliege ich jetzt schon viele Jahre in der belgischen Nationalmannschaft. Gemeinsam konnten wir unter anderem 2014 in Räyskälä Weltmeister bzw. Achter in der Standardklasse werden.

Was bedeutet dir der Wettbewerbssegelflug?

Der Wettbewerbssegelflug ist eigentlich meine absolute Leidenschaft. Er zeigt im direkten Vergleich, wie gut oder schlecht man ist. Als ich eineinhalb Jahre mal kaum Wettbewerbe geflogen bin, habe ich sofort gemerkt, dass meine Leistung abnahm. Im Wettbewerb ist man gezwungen, die Konzentration hochzuhalten, immer das Optimum zu suchen und "perfekt" segelzufliegen. Das macht mich automatisch auch bei freien Flügen schneller und selektiver bei der Bartwahl. Was ich auch sehr schätze: Zu den Wettbewerben begleitet mich immer meine Familie, was die Zeit dort noch schöner macht.

Flieger in dritter Generation

Wie bereitest du dich auf deine Flüge vor? Hast du besondere Rituale?

Ich bin eigentlich immer extrem gut vorbereitet. Ich schaue mir das Wetter täglich drei bis vier Mal an, auch wenn ich nicht fliege - einfach um die Modelle zu verstehen. Beim Wettbewerb vertraue ich zum Beispiel auch immer eher meiner eigenen Wettereinschätzung. Vor dem Start finde ich es angenehm, ein paar Minuten alleine im Cockpit zu sitzen, um alles gedanklich durchzugehen.

Welche Wetterdienste sind deine Favoriten?

Für die Alpen finde ich SkySight am besten. Es ist erstaunlich gut, was Thermikbeginn angeht. Was ich auch genial finde, sind die hochaufgelösten Windkarten in XC Term. Die sind in der Detailstufe beeindruckend gut, gerade zur Vor- und Nachanalyse bei Föhnflügen.

Erzähl uns noch etwas über dein Kennzeichen "21". Ziert es schon immer dein Leitwerk?

Die "21" ist eine Art Tradition. Sie geht ursprünglich auf Otto Schäuble zurück, eine Segelflug-Koryphäe von der Hahnweide, der vor langer Zeit dieses Kennzeichen hatte. Als wir damals eine Standardlibelle kauften, stand auch die "21" drauf, und wir haben das Kennzeichen immer beibehalten – über den Discus 2a bis zu unserem heutigen Ventus 3 T.

Wie gefällt dir der Ventus?

Es ist ein fantastisches Flugzeug, das sowohl im Flachland als auch in den Bergen überzeugt. Im gnadenlosen Schnellflug sind andere vielleicht ein wenig besser, doch ich glaube bei europäischen Bedingungen und besonders in den Alpen ist der Ventus am besten. Er fliegt sich einfach auch sehr ausgewogen und schön.

Hast du in den Alpen einen Lieblingsberg?

Die Vielfalt der Alpen ist eigentlich am beeindruckendsten. Aber mein Favorit ist wahrscheinlich der Piz Nuna im Engadin. Er sticht dort so markant ins Tal, funktioniert fast den ganzen Tag und geht abends oft noch mit 2,5 m/s auf 4200 m.

Vielen Dank für das spannende Gespräch, Bert.


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