Jet-Nachrüstung für die LS8
M&D Flugzeugbau gibt es seit 1995. Seit 2012 wird die eigens entwickelte Turbine MD-TJ42 in Segelflugzeugen von Jonker Sailplanes eingesetzt. Inzwischen fliegen über 250 der Jettriebwerke auf der ganzen Welt. Das umfangreiche Know-How hat M&D genutzt, um Retrofits zu realisieren. Nun auch die LS8. Wir unterhalten uns mit Keno Markwald (Sportsoldat 2012), heute COO bei M&D, über diese spannende Neuheit.
Hallo Keno! Was ist das Schlüsselmerkmal der Jet-Nachrüstung im Vergleich zu anderen Systemen?
Das Schlüsselmerkmal ist ganz klar das Gewicht-Reichweiten-Verhältnis bei gleichzeitig einfacher Bedienung. Das Einbaugewicht des gesamten Jet-Systems liegt bei nur circa 13 kg. Dies ist ein riesiger Vorteil gegenüber Batteriesystemen, die schnell ein hohes Einbaugewicht erreichen können oder herkömmlichen Verbrennersystemen, die ein höheres Ausfallrisiko sowie eine komplexere Bedienung aufweisen.
Wie flexibel ist man bei der Reichweite?
Die Reichweite ist variabel wählbar, da sie von der getankten Kraftstoffmenge abhängt. Mit nur 5 Litern Kraftstoff schafft man ca. 700 Höhenmeter, was meistens ausreicht, um einen Flugplatz zu erreichen. Füllt man den Tank mit 60 Litern, sind Reichweiten von 350 bis 400 km möglich. Der Pilot hat also eine große Spanne für alle Flug- und Gewichtsbedürfnisse.
Wie kommt diese Reichweite zustande?
Wir prognostizieren eine Steigleistung von 2,7 m/s. Das wird bei einer Geschwindigkeit von 135 km/h erreicht. Wenn man eine konservative Steigrate von 2,5 m/s annimmt und eine Stunde mit 60 Litern Kraftstoff fliegt, gewinnt man rechnerisch 8.400 Höhenmeter und hat 135 km Strecke zurückgelegt. Selbst bei pessimistischer Rundung (8.000 Meter) und einer unterdurchschnittlichen Gleitzahl von 30 ergibt sich eine Gesamtreichweite von 375 km. Daher sind 400 km schon realistisch. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass der Jet in großer Höhe effizienter wird.

Was sind die weiteren Vorteile der Jet-Heimkehrhilfe?
Der größte Vorteil ist die Sicherheit des Systems. Im ausgefahrenen Zustand ist der Widerstand des Jets geringer als der eines ausgefahrenen Fahrwerks. Der schnelle, vollautomatisierte Anlassvorgang der Turbine kostet nur etwa 30 bis 35 Höhenmeter. Die Bedienung ist einfach, über ein Display und einen Drehregler. Außerdem ist der Jet wartungsarm. Die jährliche Wartung kann vom Piloten selbst durchgeführt werden. Bis auf das Triebwerk verfügt kein Einbauteil über eine TBO. In 12 Jahren, in denen das Triebwerk auf dem Markt ist, musste aber noch keines überholt werden.
Und wie sieht es mit dem oft diskutierten Thema der CO₂-Neutralität aus?
Das Triebwerk kann mit HVO 100 betrieben werden, einem synthetischen Diesel, der CO₂-neutral ist. Es ist mittlerweile an vielen Tankstellen erhältlich und hinterlässt weder Abgasspuren noch Gerüche. Wir arbeiten daran, die Nutzung von EFuels (synthetische Kraftstoffe) in die Zulassung mitaufzunehmen.

Ist das Jet-System weiterhin attraktiv für Wettbewerbspiloten der Standardklasse?
Die Erfahrung mit dem System in zahlreichen JS3 im Wettbewerbseinsatz zeigt: Der Jet ist die beste Heimkehrhilfe für Wettbewerbspiloten. Der geringe Gewichtseinfluss von 13 kg ist dabei entscheidend. Wettbewerbspiloten fliegen oft mit 20 bis 25 Litern Kraftstoff, was ausreicht, um nach Hause zu kommen, und das Gesamtgewicht des Systems unter 30 kg hält. Das macht es zum besten spezifischen System.
Welche LS8-Modelle können umgerüstet werden und welche Schritte sind nötig?
Wir rüsten alle LS8-Modelle um, außer die LS8-b, da diese einen Motorkasten hat. Die Umrüstung findet komplett bei MD Flugzeugbau statt. Die Kraftstoffbehälter befinden sich in den äußeren Wassertanks der Flügel, um das Gewicht im Rumpf gering zu halten. Dabei wird übrigens auch ein Wartungsdeckel installiert, der die Überprüfung und Reparatur des Wassersystems in diesem Bereich erleichtert. Darüber hinaus muss natürlich das Triebwerk inklusive Bedieneinheit eingebaut werden.
Was kostet die Umrüstung und wie lange dauert sie?
Die Umrüstung der LS8 auf das Jet-System kostet aktuell 31.730 € netto. Die geplante Umbauzeit beträgt zwei Wochen. Elf Umbauten sind bereits bestellt, wovon sieben in diesem Winter erfolgen sollen. Die Zulassung erwarten wir für das erste Quartal 2026.

Mal angenommen, man fliegt in Australien. Wird der Jet als Kit angeboten?
Ja, wir planen eine Kooperation mit je einem luftfahrttechnischen Betrieb in Australien und den USA. In Europa werden wir als M&D vorerst das einzige LTB sein, welches die Umrüstung anbietet. Doch auch hier sind wir prinzipiell offen, einen weiteren Betrieb zu lizenzieren.
Ein dutzend Halter haben bereits bestellt. Wie kann man sich von dem Konzept am besten überzeugen?
Grundsätzlich stehen wir bei Anfragen von privat oder Vereinen mit Rat und Tat zur Seite. Insbesondere Vereine sollten nicht zurückschrecken. Es ist kein Geheimnis, dass es für Clubs attraktive Möglichkeiten gibt, solche Projekte zu finanzieren und auch M&D überlegt hier attraktive Finanzierungsmodelle zu gestalten. Interesse geweckt?
Unsere Werks-LS4 Jet stellen wir auf Anfrage gerne kostenlos zur Verfügung. Gerade letzte Woche war der Flieger zu Besuch beim Luftsportverein Borken. Die Mitglieder haben insgesamt ca. 25 Starts gemacht und den Jet auf Herz und Nieren getestet. Das Fazit war durchweg positiv und es wird geprüft die Vereinseignen LS-Flugzeuge im nächsten Jahr umrüsten zu lassen. Ursprünglich war geplant, die Flieger durch eine Maschine mit Turbo zu ersetzten. Nun wird Borken künftig zwei Vereinsmaschinen mit Heimkehrhilfe haben.

Gibt es einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen oder Flugzeugtypen?
Wir haben kontinuierlich in die Entwicklung des Jet-Systems investiert. In der Zwischenzeit haben wir eine neue Steuerung und Bedieneinheit entwickelt und die Anlasszeit um fast 30 % reduziert. Das System verfügt jetzt auch über eine höhenabhängige Triebwerkssteuerung. Für die Zukunft sind Umrüstungen für die ASW 27 und damit auch der ASG 29 Seglerversionen geplant. Auch für die Muster ASW 24 und ASW 28 wollen wir die Turbine anbieten.
Keno, vielen Dank für diesen umfassenden Überblick!
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